Die Faszination städtischer Brachen geht von ihrem Übergangscharakter aus, ihrem gleichzeitigen Nicht-Mehr und Noch-Nicht. Beiruts Zentrum war nach dem Ende des 17-jährigen Bürgerkriegs eine einzige Brache. Davon ist wenig geblieben. Historisierende Restauration aber auch moderne Hochhausbauten mit verspiegelten Glasfassaden haben den Charakter des Zentrums grundlegend gewandelt. Das Beirut City Center Building, von den meisten wegen seiner architektonischen Form „The Egg“, das Ei, genannt, gehört zu den letzten Bürgerkriegsruinen. Das ehemalige Kino war Teil eines modernistischen Geschäfts- und Einkaufskomplexes, der beim Ausbruch des Bürgerkriegs 1975 noch nicht einmal fertiggestellt war. Ruinen von ehemaligen Versammlungs- und Kulturräumen werden anders als Wohnhäuser schneller mit ikonographischen und metaphorischen Bedeutungen belegt. Vielleicht wird in Beirut die Diskussion um Abriss, Wieder- oder Umnutzung des „Egg“ deshalb so erbittert geführt. In einer derart in unterschiedlichste Interessensgruppen zersplitterten Gesellschaft, wie der libanesischen, ist die Frage nach dem Raum der möglichen Versammlung, und sei es nur ein Kino, offenbar besonders prekär.