Es gibt an den Rändern des Mittelmeers zwei entgegengesetzte Strategien der inoffiziellen Aneignung von Raum für den permanenten oder temporären Aufenthalt, bei der die staatlich eingesetzten Autoritäten umgangen werden. Zelte, Planen, Hütten, wie sie von Flüchtlingen und Touristen an den Stränden und in den Wäldern Marokkos errichtet werden (>> #20), bieten vorübergehend Heimstatt und Schutz. Gleichzeitig können sie aber von den Behörden schnell und restlos wieder entfernt werden, wenn sie ihre politischen oder wirtschaftlichen Interessen durchsetzen wollen. Der griechische Unternehmer, der sich in den 1990er Jahren einen sagenhaften wirtschaftlichen Ertrag vom Bau des Wohngebietes „SEP Kissos“ bei Thessaloniki erhoffte, begann dagegen umgekehrt mit einer großangelegten irreversiblen Veränderung des Terrains. Nahe des Dorfes Panorama holzte er ein großes Hügelgebiet in bester Lage mit Blick auf die Bucht von Thessaloniki ab. Die dadurch entstandenen Grundstücke verkaufte er teuer und legte eine komplette Infrastruktur mit Kanalisation, Straßenbeleuchtung und Stromnetz an, in der Hoffnung, eine Genehmigung durch Fakten zu erzwingen. Seit dem richterlich verordneten Baustopp Ende der 1990er Jahre bietet sich dem Kamerablick der Prototyp der krisenhaften Dystopie wie sie sich zehn Jahre später in Spanien massenhaft reproduzieren sollte: ein Wohngebiet ohne Wohnungen, eine Siedlung ohne Siedler, die nie realisierte Idee der Aussicht aufs Meer.