Besonders auffällig wird die Artifizialität von Staatsgrenzen da, wo über Jahrzehnte organisch gewachsene homogene Kulturlandschaften und Städte von einem Tag auf den anderen durch eine Linie in zwei gegensätzliche politische Lager aufgeteilt und Jahrzehnte später, nachdem sich die Teile unabhängig voneinander entwickelt haben, wieder zusammengeführt werden. Die Green Lines in Beirut und Nikosia gehören zu den bekannteren Beispielen. Aber auch im ehemals habsburgischen Görz verlief die 1945 erfundene Grenze zwischen Italien und Jugoslawien mitten durch die Stadt, nachdem jugoslawische Partisanen den Bahnhof der Stadt besetzt hatten. Der Anspruch wird dem Gegenüber symbolisch visualisiert: Die Italiener platzierten auf dem Burghügel Gorizias eine besonders große Tricolore, bis weit nach Jugoslawien hinein sichtbar. Im Gegenzug war (und ist bis heute) auf einem Hügel bei Nova Gorica in riesigen Steinen das Wort TITO zu lesen. Spätestens seit dem Schengen Beitritt Sloweniens hat sich auch der rote Stern auf dem Bahnhofsgiebel erübrigt. Die architektonischen Spuren der ehemaligen Trennung werden jedoch noch einige Zeit das Stadtbild prägen.