Egal wie hoch ein Grenzzaun auch gebaut wird, er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Mobilität von Menschen rund um das Wasser des Mittelmeers auf Dauer nicht aufhalten lässt. Kolonialisierung und Dekolonialisierung waren nur zwei der Prozesse, die immer wieder für Flexibilität und Verschiebung in der Aufteilung der Landmassen rund ums Mittelmeer und seinen Inseln gesorgt haben. Selbstbestimmung und Fremdbestimmung sind dann keine klar gegeneinander abzugrenzenden Begriffe mehr, wenn Russen die Ferienwohnungen der spanischen Mittelmeerküste kolonisieren, in Famagusta türkische und türkisch-zypriotische Identitäten ununterscheidbar werden, oder in zweiter und dritter Generation in Mitteleuropa lebende marokkanische Familien ihre Sommermonate in eigens errichteten Siedlungen in Tanger oder Nador verbringen. Dass dabei die Idee eines britischen Übersee-Territoriums wie in Gibraltar fast schon anachronistisch anmutet, verhindert nicht handfeste territoriale Konflikte um den genauen Grenzverlauf im Meer: Nachdem im Frühjahr 2013 die Verwaltung Gibraltars ein künstliches Betonriff vor ihrer Küste angelegt hatte, reagierte Spanien mit provokativ ausführlichen Grenzkontrollen für die Pendler. Das Rollfeld des Flughafens von Gibraltar, wegen der Felsgeographie unmittelbar neben den Grenzübergang gebaut, und von der einzigen Verbindungsstraße mit dem spanischen Festland gequert, die für jedes ankommende oder startende Flugzeug gesperrt werden muss, war tagelang durch wartende Autoschlangen blockiert.