Die territoriale Markierung des eigenen als Provokation des anderen. Die Flagge des türkisch besetzten Teils von Zypern an den Hängen der Pentadaktylos Berge ist mit 450 Meter Breite so groß wie vier Fußballfelder und ist Tag und Nacht in weiten Teilen Südzyperns gut sichtbar. Die Flagge unterscheidet sich nur durch die zusätzlichen horizontalen Streifen von der Flagge der Türkei. Bei der nächtlichen Lichtchoreographie scheint eine längere Pause einprogrammiert, bevor diese Streifen aufscheinen. Umgekehrt findet sich auf den Fahnenmasten der griechisch-zypriotischen Grenzposten neben der zypriotischen Fahne auch das blau-weiße Kreuz mit Seitenstreifen des griechischen „Mutterlandes“. Eines der letzten Todesopfer bei Auseinandersetzungen an der Grenze zwischen Nord- und Südteil war der Grieche Solomos Solomou, der im August 1996 beim Versuch, „mit der Zigarette im Mund“ einen Fahnenmast zu erklettern, von türkischen Grenzposten erschossen wurde. Der Sänger des Tributsongs Notis Sfakianakis wiederum fiel in den letzten Jahren durch offene Unterstützung der neonazistischen griechischen Partei Chrysi Avgi auf. Wer würde da noch behaupten, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Grenzarchitektur, ihrer symbolischen Legitimierung und der Frage kulturell-politischer Identität.